Die moderne Landwirtschaft mäht die Wiesen sehr früh im Jahr mit schnell und bodennah arbeitenden Mähwerken. So erleiden jedes Jahr Tausende von Rehkitzen den Tod, oder sie werden schwer verletzt. Weglaufen werden die Jungtiere in ihren ersten Lebensstunden vor Gefahren nämlich nicht, weil sie den angeborenen Reflex haben, sich zu drücken. Dadurch sind sie stark gefährdet. Ihre Mütter sind in eine nahe Wallhecke oder eine andere Wiese geflüchtet und beobachten von dort das Geschehen um ihre Kitze.
In Absprache mit einigen Landwirten machen sich seit dem Jahre 2013 vor dem Mähen engagierte Naturschützer, überwiegend Rentner, schon früh
morgens in der Umgebung von Wiesede, ein Nachbarort von Wiesmoor in der Gemeinde Friedeburg, auf den Weg, um die kleinen Rehe zu retten. Die bis zu 18 Personen starke Gruppe
setzt sich aus Mitgliedern der Jägerschaft, Jagdpächtern und der Jagdgenossenschaft, unserer NABU-Gruppe und einigen engagierten Wieseder Bürgern und Landwirten zusammen.
Vor
der Mahd durchstreifen sie in Ketten die Wiesen. Mit langen Stöcken ausgerüstet, um das schon recht hohe Gras zur Seite zu schieben, sind die „Kitzfinder“, wie sich die Gruppe selbst
nennt, einige Stunden unterwegs und suchen eine Fläche nach der anderen ab. Sie gehen sehr systematisch vor, arbeiten streifenweise und lassen keinen Meter aus. Stoßen sie dabei auf Rehkitze, werden
den Tieren farbige und luftige Plastikwäschekörbe übergestülpt und mit Stangen, an deren Ende ein rot-weißes Signalband flattert, befestigt.
Somit ist der Liegeplatz des Kitzes gekennzeichnet. Der Landwirt kann diese Stelle dann mit seinem Mähwerk aussparen und das Jungtier vor dem sogenannten Mähtod bewahren. Wenn die Wiese gemäht ist, steht rund um den Wäschekorb nur noch eine kleine Grasinsel. Diese Plätze suchen die Kitzfinder dann auf, nehmen die Wäschekörbe weg, und verlassen schnell das weiterhin im Gras verharrende Rehkitz.
Oft dauert es gar nicht lange, dann huscht über das frisch gemähte Gras die Rehmutter und holt leise fiepend ihr Kitz ab. Das bleibt keinen
Moment mehr sitzen und folgt der Ricke erstaunlich schnell in eine sicherere Deckung. In diesem Jahr (2017) konnten auf diese Weise 32 Tiere gerettet werden.
Tests mit einer Drohne, die mit einer Wärmebildkamera ausgerüstet war, haben in den letzten zwei Jahren zu keinem großen Erfolg geführt. Falls sich die Entwicklung der Kameratechnik verbessern sollte, wird man über eine Anschaffung solch eines verbesserten Gerätes nachdenken. Bis dahin werden wir in der hier beschriebenen bewährten Weise weitermachen.
Neu (Stand: 05.12.2017):
Vor kurzem wurde nun ein Verein "Kitzrettung Wiesede e.V." gegründet, der über ein Crowdfunding der Raiffeisen-Volksbank Aurich die Finanzierung einer eigenen Kitzfinderdrohne ermöglichen will. Die Chancen dafür sehen gut aus, denn innerhalb von zwei Tagen hatten sich über 80 Personen als "Fans" registrieren lassen.
Neu (Stand: 02.03.2018):
Bis Ende Februar 2018 waren bereits über 12.000,- € gespendet worden. Weitere Spenden wurden außerdem angekündigt. Dem Kauf einer Drohne mit
geeigneten Kameras steht also nichts mehr im Wege. Voraussichtlich am 28.04.2018, 10.30 Uhr soll sie allen Spendern in einer Vorführung bei der Grundschule Wiesede präsentiert
werden.
Näheres: hier